Veranstaltung: | Landesdelegierten- & Wahlversammlung am 10. & 11. Mai 2025 in Idar-Oberstein |
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Tagesordnungspunkt: | 3. Wahlversammlung zur Aufstellung der Bewerber*innen für die Wahl zum 19. Landtag von Rheinland-Pfalz zur Landtagswahl 2026 |
Antragsteller*in: | Fernando Andia Cochachi |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 03.05.2025, 09:01 |
LTW-37: Fernando Andia Cochachi (KV Trier)
Bewerbung für Listenplatz
Selbstvorstellung
Liebe Freundinnen,´und Freunde,
mein Name ist Fernando Andia Cochachi. Ich wurde im peruanischen Winter des Jahres 1978 geboren in Lima, in einer Stadt zwischen Andenstaub und Meeresluft. Heute lebe ich in Trier, zwischen Mosel, Studierendenviertel und Stadtrandwald. Es liegt eine weite Reise zwischen diesen beiden Orten nicht nur geografisch, sondern auch biografisch.
Vor über 21 Jahren kam ich als Au-pair nach Deutschland. Damals ahnte ich nicht, dass ich einmal fast genauso lange hier leben würde wie in meinem Geburtsland Peru. Heute stelle ich mir oft die Frage: Wo ist mein Zuhause? Die Antwort ist weder einfach noch eindeutig – aber sie ist ehrlich: Ich fühle mich den Wäldern, den Flüssen und den Jahreszeiten in Rheinland-Pfalz ebenso verbunden wie den Geschichten meiner Kindheit in Lima. Und genau in dieser geteilten Zugehörigkeit liegt die Kraft meiner politischen Motivation und meine Hoffnung auf ein gerechteres Morgen.
Meine ersten Monate verbrachte ich an der Mosel, in Nittel, bei meiner ersten Gastfamilie. Es war eine Begegnung mit vielen Missverständnissen kultureller Art, wie sie oft in der Anfangszeit entstehen. Wenig später zog ich in ein kleines Dorf in Baden-Württemberg Riedlingen, zwischen Schwabenland und Donau. Dort lernte ich Deutsch, mit meinen drei Gastgeschwistern, Drillinge, und einem Schäferhund namens Sinopa , liebevoll, fordernd, neugierig. Ich sprach kein Wort, aber wir lernten miteinander.
Nach meiner Au-pair-Zeit begann eine herausfordernde Phase, die mir deutlich machte, wie es sich anfühlt, als Fremder in einem System mit vielen unsichtbaren Hürden zu leben. Ich erhielt ein Sprachvisum doch Sprachkurse oder Bildung waren finanziell für mich nicht erreichbar. Um meinen Lebensunterhalt zu sichern, war ich gezwungen, in Bereichen zu arbeiten, in denen nicht nach einer Arbeitserlaubnis gefragt wurde, zuerst im Straßenbau, später als Landschaftsgärtner. Es war keine Wahl aus freien Stücken, sondern aus Notwendigkeit.
Mir wurde nichts geschenkt. Jeder Schritt bedeutete Anstrengung, Unsicherheit aber auch Entschlossenheit. Nach einigen Jahren erhielt ich endlich eine Arbeitserlaubnis. Mein erster offiziell anerkannter Job war bei der Müllabfuhr. In der Müllabfuhr hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, wirklich dazuzugehören weil meine Arbeit gebraucht wurde und niemand in Frage stellte, ob ich sie machen darf. Es war eine Welt, die selten beachtet wird, aber das tägliche Leben zusammenhält.
Mein Werdegang ist nicht konventionell und sicher nicht typisch für viele Bewerber*innen auf eine Landesliste. Ich komme nicht aus der politischen Karriereplanung, sondern aus der Praxis des Lebens. Ich bin erst seit 2024 Parteimitglied, aber seit Jahren tief mit den Werten von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN verbunden. Mein Weg war nicht gerade aber er war aufrecht.
Von 2011 bis 2016 leitete ich als Lehrkraft den Spanisch-Leistungskurs an einem Gymnasium in Schweich. Der Weg dorthin war steinig aber genau deshalb sehe ich mich heute nicht als klassischen Lehrer, sondern als Bildungsgestalter. Bildung ist für mich kein starrer Lehrplan, sondern ein Resonanzraum, in dem Menschen wachsen, sich begegnen und selbstwirksam werden.
Ich schreibe und erzähle Geschichten, sie entstehen aus meinen eigenen Erfahrungen, aus dem Austausch mit anderen, und aus den Mythen und Weisheiten der Inka und Maya. Ich trage sie in Deutschland, Luxemburg und Peru vor, in Klassenzimmern, bei Bildungsprojekten, in Bibliotheken. Für mich sind Geschichten keine Flucht, sondern Brücken: zwischen Kulturen, Generationen, Lebensrealitäten. Sie schaffen Verbindung und oft auch Hoffnung.
Ich bewerbe mich für den Listenplatz 22, weil ich aus dieser Erfahrung heraus Politik machen will: nah an der Lebensrealität, getragen von Hoffnung und aufgebaut auf Solidarität.
Bildungsgerechtigkeit ist für mich mehr als ein Ziel, sie ist mein gelebter Weg.
Im Programm Bildung trifft Entwicklung bilde ich seit Jahren pädagogische Fachkräfte weiter und bringe postkoloniale Impulse in die Bildungsarbeit ein. Ich sehe es als meine Aufgabe, Lernräume zu gestalten, in denen Herkunft keine Hürde, sondern ein Mehrwert ist. Rheinland-Pfalz hat mit dem Startchancen-Programm einen wichtigen Schritt getan , ich will dazu beitragen, dass Sprachförderung, Mehrsprachigkeit und kulturelle Vielfalt nicht nur anerkannt, sondern aktiv gefördert werden.
Klimagerechtigkeit betrifft uns alle aber nicht alle gleich.
Die Klimakrise ist global, ihre Auswirkungen aber oft lokal sichtbar besonders in benachteiligten Regionen. Mein Engagement in der Klimabildung in Peru wurde 2018 mit dem Umweltpreis des Distrikts Santiago de Surco ausgezeichnet. Diese Erfahrungen bringe ich heute in den Kontext Rheinland-Pfalz ein, mit dem Blick auf sterbende Wälder, versiegelte Schulhöfe und die dringende Notwendigkeit klimaresilienter Infrastruktur. Das Regionale Zukunftsprogramm ist ein starkes Signal, ich möchte es mit Leben füllen: durch naturnahe Bildungsorte und sozial gerechte Klimapolitik.
Demokratie lebt von Stimmen, die lange nicht gehört wurden.
Als Mitgründer der Liste „Trier für alle“ und erster stellvertretender Vorsitzender des Beirats für Migration und Integration Trier habe ich erlebt, wie politische Teilhabe wachsen kann, wenn Menschen endlich selbst gestalten dürfen. 2022 wurde ich mit dem Integrationspreis des Landes Rheinland-Pfalz ausgezeichnet, nicht für Repräsentation, sondern für echte Wirkung. Ich setze mich dafür ein, dass Programme wie das Fachkräftepaket nicht nur wirtschaftliche, sondern auch demokratische Potenziale entfalten. Politische Teilhabe darf keine Frage der Herkunft sein, sie ist ein Grundrecht.
Ich kandidiere für Listenplatz 22, weil ich Räume öffnen will:
Für Geschichten wie meine.
Für politische Impulse aus gelebter Erfahrung.
Für eine Gesellschaft, in der Vielfalt nicht nur akzeptiert, sondern als Stärke verstanden wird.
Als Mitglied von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bin ich überzeugt: Soziale und ökologische Gerechtigkeit gehören zusammen. Die rheinland-pfälzischen Grünen haben mit dem Biodiversitätsstrategie und dem Klimaschutzgesetz wichtige Weichen gestellt. Ich will helfen, diese Ziele mit einer Perspektive zu verbinden, die zu selten mitgedacht wird die derjenigen, die trotz aller Hindernisse an diesem Land mitbauen.
Ich danke euch für euer Vertrauen und freue mich auf eure Unterstützung für Listenplatz 22.
Mit solidarischen Grüßen
Fernando Andia Cochachi
Biografische Angaben
Geb. 09.08.1978 in Lima-Peru
Beruflicher Werdegang
Geschäftsführer | Toupi Group a.s.b.l. | seit 03/2017
- Entwicklung interkultureller Bildungsprojekte in Deutschland und Luxemburg
- Leitung von Workshops zu Migration, Dekolonialität und Klimagerechtigkeit
Trainer | Bildung trifft Entwicklung (BMZ) | seit 01/2022
- Durchführung von Einstiegsseminaren und spezialisierten Online-Trainings
- Entwicklung partizipativer Methoden für globales Lernen
Spanisch-Lehrkraft | Gymnasium Schweich | 2011-2016
- Leitung des Spanisch-Leistungskurses
- Vermittlung interkultureller Kompetenzen im Schulkontext
Politisches Engagement
Stellv. Vorsitzender | Beirat für Migration Trier | seit 02/2025
Stellv. Vorsitzender | LAG Migration, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN RLP | seit 02/2025
Fellow | Beruf & Politik (Hertie-Stiftung) | seit 06/2023
Hospitation | MdB Corinna Rüffer | 10/2023
Hospitation | Bürgermeisterin Elvira Garbes, Trier | 02/2023
Auszeichnungen & Publikationen
- Integrationspreis des Landes Rheinland-Pfalz | 2022
- Umweltpreis des Distrikts Santiago de Surco, Lima | 2018
- Beitrag: 'Postkoloniale Perspektiven auf die Bildungsarbeit' (ELAN e.V.) | 2024
- Beitrag: 'Handreichung für eine gleichberechtigte Kunst- und Kulturlandschaft' (UN-Networks) | 2024
Ausbildung
Bachelor of Education | Universität Trier | 2010-2016
Philosophie & Soziologie
Bachelor of Arts | Universidad de Lima | 1996-2000
Betriebswirtschaftslehre
Kompetenzen & Sprachen
Fachliche Schwerpunkte: Bildungsgerechtigkeit, Antirassismus, Dekolonialität, Klimagerechtigkeit, Interkulturelle Kommunikation
Methodische Stärken: Geschichtenerzählen als kulturelle Brücke, Digitale Bildungsformate, Partizipative Lehrmethoden
Sprachen: Spanisch (Muttersprache), Deutsch (fließend), Englisch (gut)
Weitere Infos? Rückfragen? Austausch?
Mail: andia-peru@gmx.de
Web: www.toupi-group.org
Instagram : toupi_group